Die satirische Rückschau 2019

Aus dem Tagesanzeiger vom 3. März: an der HSG soll ein Kulturwandel stattfinden. Prorektor Schmid betont: „Wir meinen das sehr ernst“. Die letzten zwei Wochen (!) hätten schon viel verändert, meint er, und führt einen Brief, ein neues Spesenreglement, ein zusätzliches Prorektorat mit einem Accounting-Spezialisten und Mitarbeitergespräche an...man sollte sich die HSG Change-Lehrgänge mal genauer ansehen, irgendwas geht da schief.

Aus einem Zeitungsartikel über Outsourcing: „Novartis will sogar Managementstellen in globale Service-Einheiten auslagern“. Zwei Sätze später: „Auch Roche beabsichtigt, Routinearbeiten in Service-Center zu verlagern.“ Management als Routinearbeit? Ist das jetzt die Meinung des Journalisten oder die von Roche?

Sonntagszeitung 10. März: Foodbloggerin Nadja Zimmermann zeigt, wie das perfekte Food-Insta Foto gelingt. Das sind schon entscheidende Themen. Die Bevölkerung Afrikas kann es wahrscheinlich nicht erwarten, perfekte Food-Insta Fotos zu posten, sobald der flächendeckende Internetzugang da ist.

Im Mai verzichtet Nethanyahu auf einen Krieg, weil er sonst den European Song Contest absagen muss. Vielleicht sollte man den Nahost-Friedensprozess ganz neu denken?

Aus einem Nachruf-Artikel im Mai: „zuletzt hat der Tod den grossen Kämpfer doch noch besiegt.“ Als wäre ein anderer Ausgang möglich gewesen…Sterben als Kampf? Ich möchte das mal anders haben.

Vorschlag aus der Ratgeberwelt für „einfache Fitnessübungen, die Sie im Alltag machen können“: zum Beispiel Einkaufstaschen zum Balancieren nutzen....wundern Sie sich nicht, wenn Ihr Chef beim nächsten Mitarbeitergespräch ständig aufsteht und sich wieder hinsetzt und mit der Mineralwasser-Petflasche seinen Bizeps stimuliert, während Sie über Verbesserungsvorschläge reden.

Im November dann die Debatte um das Anordnungsmodell für Psychotherapie: CVP und FDP bestreiten die Unterversorgung – das ist unter uns gesagt noch dümmer als den Klimawandel zu bestreiten. Die SVP findet, dass Psychotherapie sowieso nie von der Kasse bezahlt werden sollte. Aber sie findet ja auch, dass Arbeitslose selbst schuld sind. Wir sind wirklich noch nirgends mit dem Respekt vor psychischen Erkrankungen.

Aus meiner Lieblingskategorie „viel Lärm um nichts“: Da erscheint ein neues Buch mit dem Titel „New Work Hacks“ (Betonung auf „new“), alle mit superhippen Namen natürlich. Daraus ein paar Beispiele.

  • Retrospektiven: Teammeetings, in denen Arbeitsprozesse und deren Ergebnisse reflektiert werden, um sich kontinuierlich zu verbessern. Sensationell, noch nie dagewesen.
  • „week of learning“: dabei wird das vorhandene Wissen im Unternehmen eine Woche lang intensiv ausgetauscht und geteilt. Und die übrigen einundfünfzig Wochen? Ich habe da meine Zweifel...
  • Team Bootstrapping: „Dabei können sich alle in der Auseinandersetzung und Erarbeitung besser kennenlernen, was letztlich viel Zeit im Nachhinein spart.“ Bahnbrechend, das alles, oder?

Aus einem Bericht über den neuen McLaren: „Kraftstrotzende Sportwagen fristen in Zeiten weltweiter Umweltdiskussionen ein immer schwereres Dasein. McLaren hat die Zeichen der Zeit erkannt...“. Weiter unten im Text: „Die 620 PS aus dem V8-Doppelturbo-Mittelmotor sorgen für vehementen Vortrieb...Im mit feinstem Alcantara ausgeschlagenen Cockpit...“ Gut erkannt, die Zeichen der Zeit...

17. November in der Sonntagszeitung: ein Coach schreibt über den Umgang mit ignoranten Chefs und das Verhalten in macht- und positionsbezogenen Systemen. Mein Tipp: wenn Sie in einer Umgebung arbeiten, in der Sie seine Tipps brauchen: kündigen Sie, Sie befinden sich auf einem sinkenden Schiff.

In diesem Sinn: tun Sie das Richtige. Alles Gute fürs neue Jahr!

Manche kommen zu Fuss, andere...zoom